Lohnt sich die QNG-Zertifizierung für Betriebe?

Christoph Tippl
Quelle: privat
Christoph Tippl ist Prokurist der ZÄH Haus GmbH in Unterschwaningen. Der aus der 2012 gegründeten Firma Zäh Holzbau hervorgegangene Betrieb mit 45 Mitarbeitenden baut schwerpunktmäßig in Massivholzbauweise, übernimmt aber auch Komplettsanierungen, Zimmererarbeiten und Innenausbau.
Herr Tippl, Sie haben ein Gebäude mit dem Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) zertifizieren lassen. Von wem ging der Wunsch aus, und welche Ziele waren damit verbunden?
Es handelt sich um ein Mehrfamilienhaus mit neun Wohnungen in Nördlingen, bei dem wir selbst Auftragnehmer waren. Ursprünglich sollte das Gebäude nach dem KfW-Standard Effizienzhaus 40+ gefördert werden. Da diese Förderung eingestellt wurde, entschied sich der Bauherr für das QNG in Kombination mit dem Effizienzhaus 40 NH.
Inwiefern unterscheidet sich das QNG-Gebäude von Ihren anderen Projekten?
Wir mussten uns intensiv mit den Materialien beschäftigen, um zu wissen, welche geeignet sind. Auch für die Nachunternehmer bedeutete das einen höheren Aufwand. Neben den klassischen Nachhaltigkeitskriterien mussten weitere Anforderungen erfüllt werden: Barrierefreiheit, hohe Luftqualität, Schalldämmung. Vieles davon setzen wir im Holzbau ohnehin schon um.
Wie haben Sie den Zertifizierungsprozess erlebt?
Ehrlich gesagt ist es sehr mühsam. Die erste Herausforderung war, dass das Gebäude ursprünglich bei der KfW als 7-Familienhaus eingereicht wurde, während der Bauphase aber noch zwei Wohneinheiten im Keller entstanden, für die ein extra Antrag nötig war. Wir hatten also zwei KfW-Anträge für die QNG-Zertifizierung und lagen damit schon außerhalb der Norm. Zuerst wollten wir uns NaWoh zertifizieren lassen, wechselten dann aber zum BiRN (Bau-Institut für Ressourceneffizientes und Nachhaltiges Bauen). Dadurch halbierte sich der Anforderungskatalog zumindest. Trotzdem gibt es nur wenige Ansprechpartner, Rückmeldungen dauern lange und der Leitfaden hat viele Lücken. Hinzu kommt der große Andrang bei BiRN. Am Ende kommt es auf unzählige Nachweise und Dokumentationen an. Sogar Fotos jeder einzelnen Brandschutzdecke wurden gefordert. Im Laufe der Zeit haben wir mehrere Gigabyte an Daten eingereicht. Der technische Aspekt des Bauens war nicht das Problem, sondern die Bürokratie. Dadurch steigen Zeitaufwand und Kosten enorm, weil der Mehraufwand nicht vergütet wird. Obwohl die Wohnungen bereits 2022 bezogen wurden, liegt das Zertifikat bis heute nicht vor.
Würden Sie sich auf ein solches Verfahren noch einmal einlassen?
Solange der Zertifizierungsprozess so aufwendig bleibt, rechnet es sich nicht. Dabei fragen Bauherren zunehmend nach Nachhaltigkeit und sind gut informiert. Diesem Wunsch wollen wir nachkommen.
Was müsste sich ändern, damit QNG für Betriebe attraktiver wird?
Vor allem bräuchte es mehr technische Ansprechpartner bei den Zertifizierungsstellen und die Möglichkeit, schnelle Rückfragen telefonisch zu klären. Auf der Baustelle gibt es immer wieder Situationen, die sich nicht mit Formularen lösen lassen. Ein klarer, praxisnaher Leitfaden wäre ebenfalls wichtig. Man fühlt sich bei der Zertifizierung oft allein gelassen.